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Nahezu alle Ziervogelarten haben sozial lebende wilde Verwandte in freier Natur. Deshalb sollte man die Tiere auch in Menschenobhut immer mindestens paarweise halten, um ihren Bedürfnissen nach arteigener Gesellschaft gerecht zu werden. Bei dieser Form der Vogelhaltung lässt sich neben vielen anderen Verhaltensweisen oft auch die Balz beobachten.

Liebesrausch bei Ziervögeln

Meist ist das spannend und bezaubernd, jedoch kann es bei einigen Vogelarten für den Halter zu einer echten Geduldsprobe werden, denn den Tieren steigen die Hormone ziemlich zu Kopf und sie werden zu kleinen Rüpeln. Doch keine Sorge, eine solche Situation lässt sich durchaus meistern. Zu den hierzulande am häufigsten gehaltenen Ziervogelarten gehören Wellensittiche, Nymphensittiche, Kanarienvögel. Einige weitere Arten sind ebenfalls beliebt, sie sind aber in der Vogelhaltung nicht ganz so oft anzutreffen. Das gilt beispielsweise für größere Sittich- und Papageienarten. Bei allen Vogelarten lässt sich unter bestimmten Umständen die Balz beobachten. Dabei handelt es sich um die Partnerwerbung, bei der das Männchen einem Weibchen Avancen macht, und das auf die jeweils für die Art typische Weise. Kanarienvögel singen, Ziertäubchen schreiten gurrend umher und fächern ihre Schwanzfedern auf (Diamanttauben balzen so), Wellensittichmännchen nicken beim aufgeregten Zwitschern mit dem Kopf und bei vielen Sittich- sowie Papageienarten ist im Rahmen der Balz zudem die Partnerfütterung zu beobachten. Diese intensiven Bemühungen und die Hingabe sind schön anzuschauen, was erst recht gilt, wenn die umworbenen Weibchen von den Darbietungen angetan sind und sich den Männchen zärtlich zuwenden. Viele Wellensittichhalter reagieren aber verwirrt, wenn die Balz im Winter beobachtet werden kann, denn die Partnerwerbung geht ja der Brut voran und Vögel brüten bekanntlich im Frühling. Oder etwa nicht?

Frühlingsgefühle im Winter – oder immer

Unsere heimischen Wildvögel pflanzen sich im Frühling und Frühsommer fort, weil sie dann in der Natur sehr viel Nahrung in Form von Insekten finden, die bei den allermeisten Vogelarten die wichtigste Nahrung für den Nachwuchs darstellen. Anders verhält es sich zum Beispiel bei Wellensittichen. Ihre in Australien beheimateten wilden Verwandten führen ein Leben als Nomaden. Sie durchstreifen große Teile des Kontinents, indem sie den Regenfällen und damit dem Wasser und der Nahrung folgen. Weil Wellensittiche Körnerfresser sind, brauchen sie halbreife und reife Samen von Gräsern, um zu überleben. Jahreszeiten wie bei uns gibt es in dieser Gegend nicht, weshalb die wilden Wellensittiche immer dann zur Brut schreiten, wenn sie gute Nahrungsbedingungen und genügend Wasser vorfinden. Ist dies der Fall, verlieren sie keine Zeit, beginnen sofort mit der Balz und gründen schnellstmöglich eine Familie, bevor die Sonne die Futterpflanzen wieder vertrocknen lässt.

In menschlicher Obhut gehaltene Wellensittiche finden das gesamte Jahr über ideale Bedingungen für die Brut vor, weil immer genügend Futter und Wasser zur Verfügung stehen. Folglich können diese quirligen Ziervögel rund ums Jahr in Brutstimmung geraten, weshalb man die Balz auch beispielsweise im Herbst oder Winter beobachten kann. Viele Papageienarten, die aus tropischen Regionen kommen und deren Fortpflanzung an die Regenzeiten oder das Auftreten bestimmter Samen beziehungsweise Früchte gebunden ist, brüten eher zu festen Zeiten. Deshalb findet die Balz dieser Tiere häufig zur selben Zeit statt, was für viele Arten unser europäischer Winter ist. Dann geht es hoch her in der heimischen Voliere.

Ungestüm und leider auch aggressiv

Geraten Vögel in die richtige Stimmung für die Balz, ist das nicht immer romantisch. Werden beispielsweise manche Papageien oder etwa die kleinen Wellen- und Nymphensittiche in gemischt-geschlechtlichen Gruppen gehalten, kann es während erhöhter Balzaktivitäten zu unschönen Zwischenfällen kommen. Wer sich sonst bestens mit seinen Gefährten versteht, ist plötzlich nur noch auf den Partnervogel fixiert und verteidigt diesen gegen alle vermeintlichen und echten Nebenbuhler. Da kann ein Artgenosse, der sich arglos am Futterplatz neben ein Weibchen stellt, schnell zum Staatsfeind Nummer eins werden. Die sonst so freundlichen Vögel gehen mitunter aufeinander los und prügeln sich, bis die Federn fliegen – oder in manchen Fällen sogar bis Blut fließt. Halter kleiner Ziervogelschwärme sollte auf eine solche Situation vorbereitet sein und die Tiere vorübergehend separieren können, falls es zu handfesten Auseinandersetzungen kommt.

Oft ist es zudem sinnvoll, die Nachtruhe der Tiere sehr strikt zu gestalten und auf zwölf Stunden auszuweiten – dabei gilt: absolute Ruhe und Dunkelheit. Das ist in der Heimvogelhaltung nicht in jedem Fall leicht umzusetzen, doch es wirkt sich oft positiv auf allzu aggressionsgeladene Situationen aus. Denn bei den Vogelmännchen ist die Tageslichtdauer ein entscheidender Faktor für die Produktion des männlichen Geschlechtshormons Testosteron. Je mehr ihr Körper davon produziert, desto stärker wird die Balzstimmung und damit das Aggressionspotenzial. Und je mehr die Männchen balzen, desto mehr stacheln sie die Weibchen dazu an, ihrerseits in Brutstimmung zu geraten, sodass sie ihren Artgenossen gegenüber ebenfalls angriffslustig werden. Möchte man kleinere Sittiche wie Nymphen- oder Wellensittiche hormonell abkühlen, ist also langes Schlafen oft ein sinnvoller erster Schritt. Zudem sollte man alles aus der Reichweite der Vögel entfernen, das sie als Bruthöhle nutzen könnten. Denn auch das Vorhandensein von Nistplätzen kurbelt die Hormonproduktion an.

Lebhaft und laut

Ein weiterer mitunter problematischer Aspekt ist mit der Balz verbunden: Die Vögel sind während dieser Phase häufig sehr laut und lebhaft. Sie lassen durchdringende Rufe erklingen, singen viel, fliegen häufig und bringen somit jede Menge Unruhe ins Haus. Als Halter mag man das tolerieren, doch so mancher Nachbar fühlt sich durch sehr laute Sittich- oder Papageienrufe unter Umständen gestört. Dies sollte idealerweise vor der Anschaffung der Tiere bedacht werden, denn ein balzender Vogel lässt sich den Schnabel nicht verbieten. Da heißt es für uns Menschen: Ohren zu und durch, denn früher oder später ist die heiße Phase zum Glück wieder vorbei. Wobei sie ja auch schöne Seiten hat, denn balzt ein Vogel erfolgreich, bildet sich ein Paar, das liebevoll miteinander umgeht. Köpfchenkraulen, ankuscheln, schnäbeln – all das können Vogelhalter dann live miterleben.

(Quelle: Gaby Schulemann-Maier, HTJ 107/16)

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